Ich blicke aus dem Fenster. Dunkle Wolken überziehen den gesamten Himmel und hüllen alles in eine düstere Atmosphäre. Autos ziehen auf der Straße vorbei. Ab und zu zischen ein paar Radfahrer herum oder Menschen hetzen von A nach B. Niemand scheint den aktuellen Moment so ganz wahrnehmen oder ihn gar genießen zu wollen. Lieber schneller vorankommen. Schneller zum Ziel. Und dann schnell weiter. Es gibt keine Zeit zu verlieren. Bloß nichts versäumen.
Doch während wir glauben unseren Zielen entgegen zulaufen, entfernen wir uns so immer mehr von dem was eigentlich wirklich zählt im Leben: Uns selbst. Dem aktuellen Moment. Diesem Augenblick genau jetzt. Genauso wie er ist. Ohne dabei an gestern zu denken oder schon wieder von morgen zu träumen. Einfach nur wahrnehmen und kurz innehalten. Ankommen im aktuellen Augenblick. Und dadurch auch ankommen in uns selbst.
Doch genau das fällt uns so schwer. Oft denken wir: „Wenn ich dies oder jenes erreiche, dann werde ich glücklich sein.“ Doch sobald wir dort angekommen sind, träumen wir schon wieder vom nächsten, anstatt inne zuhalten und zu genießen. Zufrieden sind wir dann noch immer nicht. Aber morgen, wenn wir dieses Ziel noch erreicht haben, dann werden wir es bestimmt sein. Doch warum glauben wir, dass wir noch weiter, noch schneller, noch mehr brauchen, um glücklich zu sein?
Weil wir den Bezug zu uns selbst verloren haben. Im Alltag lassen wir uns sehr gerne von äußeren Umständen leiten. Von dem was andere sagen oder denken könnten. Was uns die Politik, die Medien, die Werbung oder sonst jemand als richtigen Weg anpreist. Denn die anderen werden schon wissen, was gut für uns ist.
Dabei verlernen wir auf das zu hören, was unsere eigentlichen Bedürfnisse sind. Wir verlieren den Kontakt zu uns selbst – zu unserem wahren Selbst. Und verfolgen Ziele, die uns immer weiter von unseren Wurzeln entfernen. Wir verbiegen uns in alle Richtungen und merken es nicht einmal. Und wenn wir dann erschöpft, unzufrieden oder krank sind, dann denken wir, dass das normal ist. Weil es den anderen ja auch so geht. Oder suchen die Schuld dafür wieder im Außen, anstatt den Blick endlich einmal nach innen zu richten.
Ein Teufelskreis, der nicht einfach zu durchbrechen ist. Doch umso wichtiger ist es, es dennoch zu tun. Ein erster Schritt in diese Richtung ist es, dem Hier und Jetzt wieder mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Ihn mit allen Sinnen wahrzunehmen, zu erleben. Ohne ihn zu bewerten. Ohne an unsere To Do Liste zu denken. Einfach nur sein. Und dem Rauschen der Autos lauschen. Die Bewegung der Blätter im Wind beobachten. Wahrnehmen wie die kühle Luft unsere Haut berührt. Und die innere Ruhe spüren, die dadurch entsteht. Weil wir nirgends hinmüssen. Weder physisch noch mit unseren Gedanken. Weil wir endlich angekommen sind. Im Hier und Jetzt. Und in uns selbst.
© Julia Grammel